Über dieses Heft

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Abstract

Dieses Sonderheft von Diegesis, das von Marco Caracciolo, Carolin Gebauer und Roy Sommer herausgegeben wird, präsentiert einige Ergebnisse des Forschungsprojekts “Crises as OPPORTUNITIES: Towards a Level Telling Field on Migration and a New Narrative of Successful Integration”, das von der Europäischen Union gefördert wird (Horizon 2020).

Die sechs Beiträge untersuchen, wie Politik, Medien und diasporische Gemeinschaften Narrative nutzen, um Migrationspolitik zu rahmen, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und kollektive Identitäten zu konstituieren. Sie zeigen darüber hinaus, wie Erzähltheorie durch die Entwicklung von Konzepten wie narrative Dynamiken, Krisenerzählung, Frames und Metaphern, Skalierbarkeit und Kollektiverzählungen neue Forschungsperspektiven auf Migration eröffnet. Dieses Heft schließt somit die Lücke zwischen der quantiativen Medienanalyse der sozialwissenschaftlichen Narrativforschung und der theoretisch ausgerichteten kulturwissenschaftlichen Erzählforschung.

Die Gastherausgeber stellen in einem einleitenden Überblicksartikel den Bezug zu dem neuen Konzept einer narrativen Ökologie von Migration her und unterstreichen damit, dass Erzähltheorie auch einen Beitrag zur Migrationsforschung leisten kann. Durch detaillierte Analysen von Migrationsdiskursen in vier europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Italien und Ungarn) stellen die Artikel von Simona Adinolfi, Birgit Bahtić-Kunrath, Marco Caracciolo, Ida Fábián, Carolin Gebauer und Roy Sommer die Flexibilität narrativer Ansätze unter Beweis und unterstreichen die Diversität europäischer Migrationsdebatten. Eine Fallstudie zur afrikanischen Diaspora in Deutschland, die von M. Moustapha Diallo and Mariam Muwanga als ein Beispiel für eine Erzählgemeinschaft interpretiert wird, rundet das Sonderheft ab.

Diese Ausgabe von DIEGESIS schließt darüber hinaus einen Gastbeitrag ein, in dem Jan Alber, Thomas Niehr und Hans-Jörg Sigwart ein neues Forschungsparadigma zur Diskussion stellen: ‚disruptive Narrative‘ zeichnen sich durch ein hohes Schockpotential aus und konfrontieren das Publikum mit radikalen, alternativen Wirklichkeitsentwürfen, die bestehende politische Ordnungen ins Wanken zu bringen versuchen.

Unser Interview mit Lindsay Holmgren in der Rubrik “Shape of Things to Come” hebt die Rolle von Narrativen bei der Wissensproduktion und -vermittlung hervor. Holmgren spricht über ein interdisziplinäres Langzeitprojekt, das untersucht, wie junge Erwachsene sich mit Hilfe von Narrativen mit globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Krieg oder Pandemie arrangieren. Sie fragt des Weiteren danach, inwiefern Erzählungen Aufschluss darüber geben, wie solche Erfahrungen das Leben dieser Generation prägen.

Zwei Rezensionen schließen diese Ausgabe von DIEGESIS ab: Christian Benesch bespricht die Monographie Erzählen ohne Worte. Eine Erkundung (Michael Niehaus, Hagen University Press and Georg Olms Verlag 2022), Jon Hegglund rezensiert Marie-Laure Ryans Buch A New Anatomy of Storyworlds. What Is, What If, As If (The Ohio State University Press, 2022), und Sarah J. Link stellt Ihnen den von Astrid Ensslin und Alice Bell verfassten Band Digital Fiction and the Unnatural. Transmedial Narrative Theory, Method, and Analysis (The Ohio State University Press, 2021) vor.

Wir wünschen Ihnen eine interessante und inspirierende Lektüre!

Veröffentlicht

01.03.2024