Karl N. Renner

Journalistische Wirklichkeitserzählungen und fotografische Bilder

Photos are, like texts, a core means of representation in print as well as in online-journalism. Photos can already indicate a narration. Because of this fact they can be combined with texts to develop complex narrative structures. However, problems arise when there are no photos available of the event itself. In these cases metonymic and metaphoric relations between text and photo are established and used. Looking at the story (histoire), the following essay argues that in the first case narrative structures are established bottom-up and in the second case top-down. Considering the level of discourse, metonymic text-photo relations show an affinity to the communicative act of reporting, whereas metaphoric relations lean towards the communicative act of storytelling.

1. Bilder als Darstellungsmittel des Journalismus

Seit dem Visualisierungsschub des 19. Jahrhunderts sind Bilder ein etabliertes Darstellungsmittel der journalistischen Berichterstattung.1 Begnügte man sich zunächst mit Holzschnitten und Lithographien, so wurden dann sehr schnell die neu entwickelten Bildertechniken der Fotografie und des Films für journalistische Zwecke verwendet. Heute sind digital erzeugte fotografische Bilder ein fester Bestandteil der journalistischen Berichterstattung in allen dafür geeigneten Medien, egal ob es sich um die Bilder in der Zeitung, die Bilder im Fernsehen oder um die bewegten und unbewegten Bilder im Internet handelt.2

Diese Affinität des Journalismus zum fotografischen Bild hat im Wesentlichen zwei Ursachen, die beide mit dem mehrdimensionalen Charakter des Journalismus als sprachlich-kommunikatives, soziales und ökonomisches Unternehmen zusammenhängen. In sprachlich-kommunikativer Hinsicht ergibt sich diese Affinität aus dem journalistischen Anspruch, über Fakten zu berichten. Denn das fotografische Bild ist ein Beweismittel erster Güte, wenn es darum geht, die Wahrheit von behaupteten Sachverhalten zu belegen.3 In sozialer wie in ökonomischer Hinsicht ergibt sich diese Nähe daraus, dass der Journalismus mit anderen Medienangeboten um die Aufmerksamkeit seiner Rezipienten konkurrieren muss. Wie der Boulevardjournalismus exemplarisch zeigt, sind dabei Bilder ein bewährtes Mittel, um die Aufmerksamkeit der Mediennutzer zu erregen und sie zur Rezeption bzw. zum Kauf des jeweiligen Medienangebots anzuregen (vgl. Landmeier / Daschmann 2011, 178).

Zugleich steht jedoch die journalistische Verwendung fotografischer Bilder immer auch unter Manipulationsverdacht. Diese Vorbehalte stützen sich auf bekannt gewordene technische Manipulationen, auf die bewusste Inszenierung politischer und gesellschaftlicher Ereignisse für die Kamera und – wie es der Topos von der besonderen emotionalen Wirkung und der Macht der Bilder beschwört – auf die besondere Suggestionskraft fotografischer Bilder.4 Dementsprechend bildet die Untersuchung der spezifischen Wirkungen, die Bilder auf ihre Rezipienten haben, einen Schwerpunkt in der kommunikationswissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Bild.5

Setzt man sich dagegen aus einer semiotisch-pragmatischen Perspektive mit der journalistischen Verwendung von Bildern auseinander, so rückt die Frage in den Vordergrund, inwieweit Bilder in gleicher Weise für journalistische Zwecke benutzt werden können wie sprachliche Texte. Zwar ist unbestreitbar, dass sich die kommunikativen Handlungen des Informierens und Appellierens mit Bildern ebenso ausführen lassen wie mit sprachlichen Texten (Muckenhaupt 1986; Renner 2007, 175-207). Doch nicht weniger unbestreitbar ist, dass sich sprachliche Texte und Bilder aufgrund ihres unterschiedlichen Zeichencharakters in ihrem Ausdrucksvermögen deutlich voneinander unterscheiden (Keller 1995, 123-128). Das betrifft die semantische Repräsentation von Generalisierungen und Abstraktionen ebenso wie die Wiedergabe von Begründungen und Motiven oder die Darstellung von mehr oder minder komplexen Geschehenszusammenhängen.

2. Erzählen mit Einzelbildern

Auch für die Erzähltheorie ist die Frage relevant, inwieweit sich mit Bildern Geschehensabläufe darstellen lassen. Das gilt insbesondere dann, wenn es um die Möglichkeiten des Erzählens in den verschiedenen Medien geht (vgl. Ryan 2004). Wie die Praxis zeigt, kann man mit Filmbildern und Comics recht gut Geschichten erzählen, erheblich schwieriger ist dies jedoch mit Gemälden, Zeichnungen und Fotografien. Denn das sind Einzelbilder, die anders als Bilderserien oder bewegte Bilder keine Zeiträume, sondern nur einzelne Zeitpunkte repräsentieren können.6 Hier besteht in der Erzähltheorie weitgehend Einigkeit darüber, dass derartige Einzelbilder Geschichten eher „andeuten“ als „repräsentieren“ können (vgl. Aumüller 2012, 9). So spricht Marie-Laure Ryan davon, dass Bilder anders als sprachliche Texte Geschichten nur in einem „illustrative mode“ bzw. „ancillary mode“ vermitteln können (Ryan 2004, 139), „relying on the receiver’s previous knowledge of the plot“ (Ryan 2004, 14). Werner Wolf verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff „narrationsindizierend“, um auszudrücken, dass Bilder nur bedingt zur Repräsentation von Zustandsänderungen in der Lage sind, sie aber dennoch kognitive Schemata des Narrativen stimulieren können (Wolf 2002).

Die Frage, auf welche Weise statische Bilder Zustandsveränderungen repräsentieren können, wird meistens mit Rückgriff auf Lessings Konzept des „fruchtbaren Augenblicks“ beantwortet, das Lessing 1766 in seinem Aufsatz über Laokoon entwickelt hat. Er schreibt dort, dass ein Maler nur einen einzigen Augenblick „der immer veränderlichen Natur“ für sein Bild verwenden kann, und fährt fort, dass dieser Augenblick „nicht fruchtbar genug gewählet werden kann.“ Fruchtbar ist nach ihm aber nur das, „was der Einbildungskraft freies Spiel lässt. Je mehr wir sehen, desto mehr müssen wir hinzu denken können. Je mehr wir dazu denken, desto mehr müssen wir zu sehen glauben.“ (Lessing 1766, 22). Lessing geht es dabei weniger um ein narratives als um ein ästhetisches Problem: Was ist der optimale Moment, um ein Geschehen ästhetisch auf möglichst gelungene Weise wiederzugeben? Für diese Fragestellung ist aber die narratologische Differenzierung nebensächlich, ob es sich beim abgebildeten Geschehen um einen zeitlichen Ablauf im Sinne der narrativen Minimalbedingung von Prince oder um einen ereignishaften Vorgang im Sinne der Grenzüberschreitung von Lotman handelt (vgl. Titzmann 2003, 3080; Renner 2013, 270). Verzichtet man bei einer narrativen Analyse jedoch auf diese Unterscheidung, so führt dies zu verwirrenden und widersprüchlichen Begriffsverwendungen. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung des Begriffs „narrative painting“ in der amerikanischen Kunstgeschichte, der dort gleichermaßen für Genrebilder und Historienbilder benutzt wird, obwohl die einen typische Alltagsszenen zeigen, bei denen sich nichts Besonderes ereignet, und die anderen einmalige historische Ereignisse wiedergeben (vgl. Steiner 2004: 146).

Einen theoretischen Entwurf, der die Differenzierung zwischen Geschehen und Ereignis berücksichtigt, hat Marianne Wünsch in ihrer Untersuchung narrationsindizierender Elemente von Werbefotografien vorgelegt. Entscheidend dafür, ob ein Bild narrative Strukturen indiziert, ist ihrer Auffassung nach nicht, ob dieses Bild eine Handlung bzw. eine Aktion zeigt oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob es eine Vorgeschichte und eine Nachgeschichte voraussetzt. Wünsch stellt hierzu folgende Thesen auf:

  1. Ein Bild kann keine Geschichte erzählen, sondern sie nur präsupponieren.
  2. Unabhängig davon, ob ein Bild eine Handlung indiziert oder nicht, kann ein Bild eine narrative Struktur aufweisen, d.h. eine Vor- und/oder Nachgeschichte präsupponieren.
  3. Ein Bild präsupponiert eine Vorgeschichte, wenn die dargestellte Situation, der gewählte momentane Ausschnitt aus dem Zeitkontinuum, im Rahmen des kulturellen Wissens über die Realität als erklärungsbedürftig erscheint; ein Bild präsupponiert eine Nachgeschichte, wenn die dargestellte Situation im Rahmen dieses Wissens als lösungsbedürftig erscheint.
  4. Wenn ein Bild eine Nachgeschichte präsupponiert, präsupponiert es notwendig auch eine Vorgeschichte; wenn es eine Vorgeschichte präsupponiert, präsupponiert es nicht notwendig eine Nachgeschichte. (Wünsch 1999, 344; Hervorhebungen im Original)

Als erklärungsbedürftig wird eine Situation empfunden, wenn „sie keinem kulturell standardisierten, als ‚normal‘ empfundenen und in unserem Wissen gespeicherten Situationstyp entspricht“ (Wünsch 1999, 337). Als lösungsbedürftig wird eine Situation empfunden, wenn sie „im Rahmen des kulturellen Wissens als instabil und unbefriedigend empfunden wird, als etwas, was für uns – kulturell – nicht als befriedigender End- und Dauerzustand akzeptabel ist“ (Wünsch 1999, 337). Diese beiden Bestimmungen entsprechen sehr genau den Merkmalen des Lotmanschen Ereigniskonzeptes, wie sie bei dessen logischer Rekonstruktion als Verletzung semantischer Ordnungen deutlich werden (vgl. Renner 1983, 36; Renner 2013, 271).

Weiterhin hält Wünsch fest, dass ein einzelnes Bild nur dann genau eine Vor- bzw. Nachgeschichte präsupponieren kann, wenn zusätzliche sprachliche Erläuterungen oder ein spezifisches kulturelles Wissen hinzukommen. Ansonsten impliziert ein Bild „immer ein Bündel von Geschichten, das durch die Bildmerkmale mehr oder weniger genau festgelegt und spezifiziert wird“ (Wünsch 1999, 344; Hervorhebung im Original). Eine vergleichbare Position vertritt auch Ryan, wenn sie schreibt, dass ein Bild, das nur einen einzigen Punkt der „narrative trajectory“ festhält, seinen Betrachtern keine spezifische Geschichte mitteilt, sondern ein ganzes Feld narrativer Möglichkeiten (Ryan 2004, 140).

3. Rahmenbedingungen journalistisch verwendeter Fotografien

Gemeinsam ist all diesen Überlegungen zum Erzählen mithilfe von Einzelbildern, dass sie sich zum einen am Paradigma der fiktionalen literarischen Erzählung orientieren und dass sie zum anderen die Frage ausklammern, ob es sich bei den verwendeten Bildern um Gemälde, Zeichnungen oder um Fotografien handelt. Beide Rahmenbedingungen sind aber wichtig, will man die narrativen Möglichkeiten von Fotografien für journalistische Zwecke untersuchen. Denn narrative journalistische Beiträge besitzen einen faktualen Charakter, ihre Rezipienten erwarten „nicht die Schilderung eines möglichen (oder gar fantastisch-unmöglichen), sondern eines wirklichen Geschehens“ (Klein / Martinez 2009, 3). Die physikalischen Produktionsbedingungen fotografischer Bilder bringen es wiederum mit sich, dass Geschehnisse nur dann abgebildet werden können, wenn am richtigen Ort und zur rechten Zeit eine Kamera in Aktion ist.7

Was aber, wenn etwas geschieht und keine Kamera dabei ist? Hier stößt die journalistische Verwendung von Bildern an ihre Grenzen. Zeichnungen und Grafiken kann man auch aus dem Gedächtnis herstellen, Fotografien aber nicht. Doch Zeichnungen und Grafiken sind lediglich in der Gerichtsberichterstattung und bei Erklärstücken gebräuchlich. Fotografische Nachinszenierungen und Reenactments lassen sich wiederum nur schwer mit dem journalistischen Faktizitätsanspruch vereinbaren. Da aber Bilder ein wichtiges Darstellungsmittel des Journalismus sind, haben es Ereignisse, von denen es keine fotografischen Aufnahmen gibt, schwer, zum Gegenstand der journalistischen Berichterstattung zu werden. Mediatisierte und inszenierte Ereignisse,8 etwa Sportveranstaltungen und Pressekonferenzen, werden deswegen immer so arrangiert, dass man dort zu guten Fotos kommt. Ebenso ist bei genuinen Ereignissen, die wie Überflutungen oder Brände einige Zeit andauern, eine journalistische Bildberichterstattung fast immer möglich. Dagegen gibt es von genuinen Ereignissen punktueller Art, etwa von Flugzeugabstürzen oder von Verkehrsunfällen, nur in Ausnahmefällen fotografische Aufnahmen, auch wenn solche Bilder durch die zunehmende Verbreitung digitaler Kameras immer häufiger werden.

Um bei der journalistischen Berichterstattung über Ereignisse, von denen keine Fotografien existieren, nicht ganz auf Bilder verzichten zu müssen, haben sich im Journalismus einige Verfahren entwickelt, wie man auch in solchen Fällen Fotografien einsetzen kann. Bei Behelfsillustrationen zeigt man das gleiche Motiv bei einer anderen Gelegenheit oder andere Motive bei der gleichen Gelegenheit (Knieper 2005, 44). Ein ähnliches Verfahren sind die Pseudobestätigungen in fernsehjournalistischen Filmbeiträgen. Das Bild zeigt, dass die Bundeskanzlerin mit dem Auto vorfährt, und der Kommentar spricht davon, welche politischen Entscheidungen sie jetzt treffen muss (vgl. Renner 2007, 417).

Fotografien wiederum können so verwendet werden, dass ihre Bedeutung umfangreicher ist als das, was sie unmittelbar zeigen. Denn die Fotografie eines Gegenstandes kann immer auch dazu benutzt werden, um neben dem eigentlichen Gegenstand den Typ zu repräsentieren, der durch diesen Gegenstand verkörpert wird. Exemplarisch sind die Tier- und Pflanzenbilder in biologischen Bestimmungsbüchern. Informierende Bilder, die dazu verwendet werden, die individuellen Gegenstände und Sachverhalte zu zeigen, die sie abbilden, sollen im Weiteren als dokumentierende Bilder bezeichnet werden. Informierende Bilder, die dazu dienen, Typen abzubilden, sollen illustrierende Bilder genannt werden (vgl. Renner 2007, 195-197). Sie werden in der journalistischen Praxis als Symbolbilder bezeichnet und immer dann eingesetzt, wenn es keine anderen Bilder gibt oder wenn man aus ethischen oder juristischen Gründen keine dokumentierenden Bilder zeigen kann.

Die folgende explorative Studie soll nun erkunden, wie die verschiedenen visuellen und sprachlichen Mittel benutzt werden, um in der journalistischen Berichterstattung narrative Zusammenhänge zu etablieren.

4. Metonymische Text-Bild-Beziehung und journalistisches Berichten

Sind individuelle Sachverhalte, etwa eindeutig bestimmbare Parlamentsdebatten, Urteilsverkündungen oder Fußballspiele Gegenstand der journalistischen Berichterstattung, so können für ihre Bebilderung nur dokumentierende Fotografien verwendet werden. Sie müssen die Ereignisse zeigen, über die berichtet wird. Man kann hier keine Archivaufnahmen verwenden, selbst wenn sie vergleichbare Situationen wiedergeben. Das gilt auch für die Berichterstattung über Verkehrsunfälle, von denen es nur selten Aufnahmen vom eigentlichen Unfallgeschehen gibt. Bilder von Autos, die spektakulär in die Luft katapultiert werden, gehören zum festen Repertoire des Actionfilms, sind jedoch in der journalistischen Berichterstattung fast nie zu finden. Im entscheidenden Moment ist kein Fotograf zur Stelle. Verkehrsunfälle werden daher meistens so dokumentiert, dass man nicht das Unfallgeschehen selbst zeigt, sondern Aufnahmen der verunglückten Fahrzeuge. Diese indirekte Darstellung des Unfallgeschehens greift auf das rhetorische Verfahren der Metonymie zurück: Man zeigt nicht das eigentliche Ereignis, sondern dessen Resultat.9


Abb. 1 (Quelle: n.n. 2013a)

Der Lokalteil der Rheinzeitung bzw. des Öffentlichen Anzeigers von Bad Kreuznach10 enthält in seiner Montagsausgabe vom 15. Juli 2013 gleich mehrere Beispiele für diese indirekte Darstellungsweise. In dieser Ausgabe werden vier Verkehrsunfälle gemeldet, die sich am vorhergehenden Wochenende im Landkreis zugetragen hatten, drei davon mit einem Bild des verunglückten Fahrzeugs. Verkehrsunfälle sind, wie das der Nachrichtenfaktor Nähe erklärt,11 ein wichtiger Gegenstand der Lokalberichterstattung. Aufmacher des Lokalteils ist das großformatige Bild eines rauchenden und qualmenden Autowracks zwischen Büschen und Unkraut umringt von sechs Feuerwehrleuten in voller Ausrüstung und zwei weiteren Beobachtern. Da sich Autos normalerweise nicht an solchen Orten befinden, ist dieses Bild entsprechend der Definition von Wünsch erklärungsbedürftig. Es präsupponiert eine Vor- und eine Nachgeschichte. Ein weiterer Ereignisindikator sind die sechs Feuerwehrleute, die sich um das Wrack geschart haben (vgl. Renner 2012, 72).

Die entscheidende Information zur Vorgeschichte des abgebildeten Sachverhalts ist in der Überschrift links neben der Fotografie zu lesen: „Auto steht lichterloh in Flammen“. Die Unterzeile „Unfall. Fahrer kann sich aus dem Wrack befreien“ informiert dann über die Nachgeschichte: Der Fahrer hat den Unfall überlebt und kann sein gewohntes Leben voraussichtlich bald wieder fortsetzen. Dieser inhaltliche Zusammenhang von Text und Bild wird durch ihre räumliche Nähe hergestellt. Beide stehen unmittelbar nebeneinander, wodurch der Text auf das Bild und das Bild auf den Text bezogen werden, dieser wechselseitige Zusammenhang bestimmt letztlich die Rezeption des gesamten Text-Bild-Komplexes. Wie Hans-Jürgen Bucher und Peter Schumacher bei ihren Eye-Tracking-Untersuchungen zur Rezeption von Zeitungs- und Onlineseiten feststellen, werden solche Text-Bild-Komplexe alternierend fixiert. Dies interpretieren sie so, dass die Rezipienten ihr Verständnis des einen Elements wechselseitig im Kontext des anderen aufbauen (vgl. Bucher / Schumacher 2006, 360).

Die weiteren Informationen zum Unfallgeschehen sind im Fließtext des Artikels enthalten. Dessen Aufbau und sprachliche Gestaltung orientieren sich an den Normen eines journalistischen Berichts, genauer gesagt an denen der Nachrichtenmeldung, einer Kurzform des journalistischen Berichts (vgl. Wolff 2011, 51-58). Der Artikel beginnt mit einem Lead-Satz, in dem die wichtigsten Informationen schlagwortartig zusammengefasst sind. Anschließend werden die Einzelheiten des Geschehens objektivierend und sachlich distanziert wiedergegeben. Subjektive Passagen, die das Geschehen aus der Perspektive eines der Beteiligten erzählen, findet man nicht. Die Wahl dieser Textgattung lässt sich mit dem Faktizitätsanspruch des Journalismus erklären, auch wenn der Journalismus durchaus erzählende Textgattungen kennt, etwa die Reportage. Denn man kann mit Beiträgen, die die gleichen erzählerischen Darstellungstechniken verwenden wie fiktionale Texte, diesen Faktizitätsanspruch wesentlich schwieriger einlösen als mit Beiträgen, die diesen Unterschied nicht verwischen. Daher steht der herkömmliche Journalismus auch dem Storytelling im Boulevardjournalismus und beim New Journalism eher kritisch gegenüber.12 Zum anderen hängt der besondere Stellenwert, den die berichtenden Textgattungen für den Journalismus besitzen, mit dessen gesellschaftlicher Aufgabe zusammen. Der Journalismus muss „mehrsystemfähig“ sein, um mit seinen Informationen alle gesellschaftlichen Gruppierungen gleichermaßen zu erreichen (vgl. Kohring 2005; Wyss 2011). Auch diese Anforderung lässt sich mit berichtenden Texten viel einfacher erfüllen als mit erzählenden (vgl. Renner 2012, 98-100).

Für das Bild des Autowracks ergibt sich daraus, dass es zum einen die Wahrheit der journalistischen Informationen bestätigen muss. Aus diesem Grund können zur Illustration solcher Unfallberichte nur dokumentierende Bilder verwendet werden. Zum anderen muss ein Bild so attraktiv sein, dass es alle Rezipienten, unabhängig von ihren besonderen Interessen, zur Lektüre des Artikels bewegt. Das schafft dieses Bild, das über vier Spalten reicht, bereits durch seine Größe, die zentrale Platzierung kommt hinzu.

Die Berichterstattung über diesen Unfall zeigt aber auch, wie wichtig für den Journalismus die Differenz zwischen dem Berichten und dem Erzählen ist. Beide Darstellungsformen kann man als Assertionen von Geschichten verstehen, denn auch beim Bericht kann man rudimentäre narrative Strukturen nachweisen (Renner 2012). Daher sind hier die Differenzmerkmale vor allem auf der Ebene der Oberflächengestaltung zu suchen. Vergleicht man dazu die einschlägigen journalistischen Textgattungen miteinander, so ergibt sich, dass bei der Nachrichtenmeldung und beim Bericht die textinterne Sprecherposition eliminiert und eine sachlich-distanzierte objektivierende Darstellungsweise verbindlich ist. In der Reportage dominiert dagegen eine plastisch-szenische Darstellungsweise und die Sprecherposition ist deutlich zu spüren, oftmals werden Reportagen sogar aus einer Ich-Position erzählt. Diese Unterschiede lassen sich auf unterschiedliche pragmatische Funktionen dieser narrativen Assertionen zurückführen. Nachrichten und Berichte müssen ihre Rezipienten so informieren, dass sie auf dem Laufenden gehalten werden und sie die jeweiligen Informationen in einen größeren Rahmen einordnen können. Reportagen sind dagegen so gestaltet, dass sie ihre Rezipienten nicht nur informieren, sondern ihnen auch eine Immersion in die erzählte Geschichte, ein Miterleben der dargestellten Geschehnisse und Situationen ermöglichen (vgl. Renner 2007, 335-339).

Wie das Beispiel aus dem Öffentlichen Anzeiger belegt, besteht hier eine bemerkenswerte Übereinstimmung zwischen der Darstellungsweise des Berichts und der Gestaltung der Aufnahme, die das berichtete Ereignis dokumentiert. Beide sind so angelegt, dass sie das emotionale Erleben des Unfallgeschehens möglichst reduzieren. Beim Text ist das die Leistung der gattungsspezifischen Normen und beim Bild ist es das Fehlen von Lessings „fruchtbarem Augenblick“. Selbst wenn letzteres zunächst einmal praktische Ursachen hat, das statische Arrangement der Fotografie ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Darstellung von Aktionen nicht die wesentliche Intention bei der Gestaltung dieses Bildes war.13 Beide Bestandteile dieses Text-Bild-Komplexes, der Bericht wie auch das Bild, erzählen keine Geschichte, sie repräsentieren bzw. präsupponieren diese nur.

5. Metaphorische Text-Bild-Beziehung und journalistisches Erzählen

Ein bemerkenswertes Beispiel für die Etablierung narrativer Zusammenhänge durch metaphorische Text-Bild-Beziehungen ist der Artikel über die Umzugspläne der Familie des ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, der im Öffentlichen Anzeiger vom 17. August 2011 erschienen ist. Auch lassen sich in diesem Artikel recht gut mehrere erzählerische Darstellungstechniken der Text- und Bildgestaltung beobachten. Denn er ist in der Rubrik „Panorama“ platziert, die auf der letzten Seite über Buntes und Vermischtes informiert und den Gestaltungsnormen des Informationsjournalismus weniger streng verpflichtet ist. Der Artikel basiert auf einem Interview der BILD-Zeitung mit Stephanie zu Guttenberg über die Umzugsvorbereitungen ihrer Familie in die USA.14 Als Blickfang dieses Artikels dient eine Art Abschiedsfoto der Familie zu Guttenberg, das die obere Hälfte der Seite dominiert und sich über drei Spalten erstreckt.

Wie das auf bunten Seiten oft der Fall ist, lässt sich auch hier die Berichterstattung mit dem Nachrichtenfaktor Prominenz begründen. Ebenso ist der Artikel viel plastischer angelegt als die Beiträge auf den anderen Zeitungsseiten. Die beiden ersten Absätze bemühen sich um keine distanzierte Zusammenfassung des Geschehens, sondern erzählen alles aus der subjektiven Perspektive Stephanie zu Guttenbergs. Es gibt keinen Leadsatz, sondern man erfährt stattdessen sofort Motive und Details:

Es soll nicht wie eine Flucht aussehen und schon gar nicht wie ein Bruch mit der alten Heimat. „Wir wandern nicht aus“ versichert Stephanie zu Guttenberg. „Wir kommen zurück, das ist schon mal klar.“ (Fischer 2011, 32)

Die weiteren Absätze fallen dann deutlich nüchterner aus. Sie berichten über zu Guttenbergs Kontakte in die USA und spekulieren über seine Rückkehr in die deutsche Politik. Der Beitrag ist ein „angefeatureder Bericht“, wie diese Darstellungsform im journalistischen Jargon genannt wird. „Damit meinen Redakteure und Autoren die etwas atmosphärische Beschreibung der Situation und die szenische Einführung der handelnden Personen“ (Wolff 2011, 74). Greift man die Überlegungen von Christian Klein und Matías Martínez zu den Erzähltechniken in fiktionalen und faktualen Texten auf, dann werden hier für die Oberflächengestaltung der beiden ersten Absätze dieses Artikels erzählerische Mittel verwandt, wie sie für die Gestaltung fiktionaler Texte üblich sind, obwohl alles nach wie vor einen faktischen Anspruch hat (Klein / Martínez 2011, 3-5).


Abb. 2 (Quelle: Fischer 2011, 32)

Auch das Bild, das diesem Artikel beigefügt ist, wirkt deutlich lebendiger als die statische Aufnahme des Autowracks. Es zeigt die Familie zu Guttenberg in einem Moment, den man in der Terminologie Lessings mit Fug und Recht als „fruchtbaren Augenblick“ bezeichnen darf. Man sieht die Familie vom Betrachter weggehen, links und rechts die Eltern, die beiden Mädchen, die nur von hinten zu sehen sind, an ihrer Hand in der Mitte. Die zwei Erwachsenen drehen sich nochmals zum Betrachter um, und Karl-Theodor zu Guttenberg winkt, lächelnd und vom Gegenlicht überstrahlt, mit der linken Hand zum Gruße.

Die Fotografie zeigt eine typische Abschiedsszene, wie man sie aus vielen Schlusseinstellungen im Kino kennt (vgl. Lorenz 1987). Identifiziert man das Bild in diesem Sinne, dann wird es aber auch erklärungsbedürftig, da man nun nach dem Grund des abgebildeten Abschieds fragt. Die erforderliche Erklärung kann man – wie schon beim Unfallbild – dem Titel des Artikels und seiner Unterzeile entnehmen: „Guttenbergs kehren Heimat den Rücken. Umzug. Exminister und seine Familie gehen für unbestimmte Zeit in die USA“.

Der Begriff „Exminister“ ist ein Hinweis darauf, dass dieser Abschied Teil eines größeren Ereigniszusammenhangs ist. Der Umzug in die USA hängt demnach mit der Plagiatsaffäre zusammen, derentwegen Karl-Theodor zu Guttenberg knapp sechs Monate zuvor sein Amt als Verteidigungsminister aufgeben musste. Rekonstruiert man diesen Ereigniszusammenhang mit Hilfe der Grenzüberschreitungstheorie, kann man diesen Umzug als einen letzten Schritt verstehen, mit dem die semiotischen Ordnungsvorstellungen unserer Gesellschaft restituiert werden, nachdem sie durch die Plagiate in der Dissertation zu Guttenbergs verletzt wurden.15 Zwar ist zu Guttenberg im August 2011 bereits längst von all seinen politischen Ämtern zurückgetreten, doch nach wie vor beharrt er darauf, dass die Plagiate kein Betrug gewesen seien, was ihm inzwischen kaum mehr jemand glaubt. So muss man seinen Umzug als Raumwechsel des Protagonisten in einen semiotischen Gegenraum interpretieren, wo er mit seiner Behauptung, nicht abgeschrieben zu haben, keinen Widerspruch erzeugt (vgl. Renner 1983, 41).

Der Artikel unterstützt diese Interpretation, indem er darauf hinweist, dass „bereits unmittelbar nach dem Rücktritt Karl-Theodor zu Guttenbergs wegen der Plagiatsaffäre“ über „eine Auszeit der Familie im Ausland“ spekuliert wurde. Doch mehr wird zur Vorgeschichte des Umzugs nicht gesagt. Wie die Reduktion auf den Begriff „Plagiatsaffäre“ belegt, wird sie vielmehr als bekannt vorausgesetzt. Es bleibt den Lesern überlassen, die erforderlichen Einzelheiten aus ihrem kulturellen Wissen zu ergänzen. Dieses Wissen schließt an den Namen des Protagonisten an und umfasst all das, was man über Karl-Theodor zu Guttenberg wissen muss, will man diesen Namen bei seiner kommunikativen Verwendung korrekt gebrauchen.16 Ebenso wird dieses Wissen für die Interpretation des Abschiedsbilds benutzt, nachdem zu Guttenberg dort deutlich als Protagonist zu erkennen ist. So deutet dieses Bild folgende Geschichte an: Die Familie zu Guttenberg zieht wegen der Plagiatsaffäre in die USA und verabschiedet sich jetzt von uns.

Doch was zeigt diese Fotografie tatsächlich? Gemeldet werden ja nur Umzugspläne. Der Umzug selbst und damit auch der Abschied haben zum Zeitpunkt dieser Meldung noch gar nicht stattgefunden. Untersucht man das Bild nach den methodischen Vorgaben der ikonographisch-ikonologischen Bildanalyse,17 dann zeigt es zwar auf der ikonologischen Ebene die Familie zu Guttenberg, wie sie ein letztes Mal zum Abschied winkt. Doch auf ikonographischer Ebene zeigt das Bild lediglich einen Mann und eine Frau, die zusammen mit zwei Kindern vom Betrachter weggehen, und im Hintergrund zeigt es noch ein Haltestellenschild. Sieht so ein Umzug nach Amerika aus? Spaziert man da ohne alles Gepäck zur nächsten Bushaltestelle?

Die Entstehungsgeschichte ordnet diese Fotografie dann auch in einen ganz anderen Zusammenhang ein. Das Bild wurde am Tag der Bundestagswahl vom 27. September 2009 aufgenommen, knapp zwei Jahre vor dieser Veröffentlichung. Es zeigt die Familie zu Guttenberg, wie sie nach der Stimmabgabe das Wahllokal im Gemeindehaus von Guttenberg in Oberfranken verlässt. Die Bildgestaltung ist dabei auch von rechtlichen Vorgaben bestimmt. Um die Persönlichkeitsrechte seiner beiden Kinder zu schützen, ließ sich zu Guttenberg nicht auf dem Hinweg zum Wahllokal, sondern nur auf dem Rückweg fotografieren, als seine Kinder nicht mehr zu erkennen waren.18

Gerade diese rechtlich bedingte Bildkomposition, die die beiden Mädchen nur von hinten zeigt und die Erwachsenen in verdrehten Positionen, bringt es mit sich, dass man die Fotografie als Abschiedsbild verstehen kann. Dabei illustriert die Fotografie nicht das Abschiednehmen schlechthin, sondern – sobald man den abgebildeten Mann als Karl-Theodor zu Guttenberg identifiziert hat – das Abschiednehmen der Familie zu Guttenberg. Genau diese Interpretationsmöglichkeit erlaubt es wiederum zwei Jahre später, das Bild aus seinem Produktionskontext zu lösen und in einen neuen Rezeptionskontext einzubinden, wo es als Symbolbild dient: als visuelle Metapher, um die Umzugspläne der zu Guttenbergs zu illustrieren.

Einen wichtigen Beitrag für diese metaphorische Verwendungsweise leistet dabei die Sprache im Umfeld des Bildes. Anstelle des konkreten Ausdrucks „Umzug in die USA“ benützt die Überschrift die figürliche Redeweise „Guttenbergs kehren der Heimat den Rücken“ und stellt so einen unübersehbaren Zusammenhang mit der Bildgestaltung her. Die Bildunterschrift wiederum macht aus zu Guttenbergs grüßender Geste eine Abschiedsgeste: „Winkt zum Abschied leise Servus. Karl-Theodor zu Guttenberg zieht mit seiner Frau Stephanie und den beiden Töchtern an die Ostküste der USA.“ Die Bildzeile demonstriert so, wie mit dem Benennen von Sachverhalten immer auch deren Klassifikation verbunden ist (vgl. Renner 2011, 122). Genauso wie die Angaben von Namen verknüpfen auch diese Klassifikationen den klassifizierten Sachverhalt mit dem Wissen, das die Rezipienten über diesen Sachverhalt besitzen. Auf diese Weise wird aus einem jüngeren Mann, der den linken Arm hoch hält, Karl-Theodor zu Guttenberg, der nach seinem Scheitern in der Politik „zum Abschied leise Servus“ winkt.

Derartige Beziehungen von Sprache und Bild lassen sich auch beim Off-Kommentar journalistischer Filmbeiträge beobachten. Dort bilden sie ein Einfallstor für Manipulationen aller Art (vgl. Renner 2007, 424), und selbstredend stellt sich auch bei diesem Bild die Frage nach einer Manipulation. Denn hier wird die Aufnahme eines völlig anderen, zwei Jahre zurückliegenden Vorgangs benutzt, um ein aktuelles Geschehen zu illustrieren.19 Kommunikationswissenschaftliche Untersuchungen zur Manipulation mit Bildern ergeben allerdings, dass die Rezipienten höchst unterschiedliche Maßstäbe anlegen, wenn sie visuelle Manipulationen bewerten sollen. Fotografien in Nachrichtenbeiträgen werden wesentlich strenger beurteilt, als Fotografien, die im Umfeld anderer Artikel stehen (Forster 2003). Dies spricht dafür, dass die Rezipienten ausgehend von den Textgattungen der verschiedenen journalistischen Beiträge sehr genau zwischen dokumentierenden und illustrierenden Bildverwendungen zu unterscheiden wissen. Daher ist anzunehmen, dass sie beim Abschiedsbild der Familie zu Guttenberg den „erzählerischen Freiheiten“ gegenüber erheblich toleranter eingestellt sind als bei dokumentierenden Bildern.

Dennoch hat der metaphorische Gebrauch der Fotografie für ihre journalistischen Verwendungsmöglichkeiten erhebliche Konsequenzen. Zwar ist die aufmerksamkeitsgenerierende Funktion des Bildes nicht tangiert, doch anders als das Unfallbild ist es als Wahrheitsbeleg für die sprachlich vermittelten Informationen nicht zu gebrauchen. Stattdessen steht nun eine andere Funktion im Vordergrund. Es dient als Interpretationsfolie für die sprachlich vermittelten Informationen und fasst sie pointiert zu einer Aussage zusammen: die zu Guttenbergs verabschieden sich von uns.

6. Komplementäre Funktionen des Erzählens

Fasst man die Ergebnisse dieser kleinen Studie zusammen, so ist festzuhalten: Nicht nur in der Kunst und in der Werbung, auch im Journalismus werden Einzelbilder dazu benutzt, Narrative zu repräsentieren. Dem kommt entgegen, dass im journalistischen Umfeld narrationsindizierende Bilder recht einfach mit Texten kombiniert werden können, die über die präsupponierten Vor- und Nachgeschichten informieren. Denn sprachliche Texte sind das zentrale Ausdrucksmittel des Journalismus. Die journalistische Verwendung narrationsindizierender Bilder wird allerdings durch den Faktizitätsanspruch des Journalismus und die restriktiven Produktionsbedingungen des Mediums Fotografie beschränkt. Problematisch ist insbesondere die fotografische Darstellung punktueller genuiner Ereignisse, da man diese für die Aufnahme journalistischer Bilder nicht inszenieren kann, und noch problematischer sind Visualisierungen von abstrakten, mentalen oder zukünftigen Vorgängen, die man aus prinzipiellen Gründen nicht fotografieren kann. Das Unfallbild demonstriert hier den ersten und das Abschiedsbild der zu Guttenbergs den zweiten Fall.

Beide Beispiele zeigen aber auch, wie sich selbst in solchen Fällen fotografische Bilder so einsetzen lassen, dass man mit ihnen auf indirektem Wege narrative Strukturen etablieren kann. Bei der metonymischen Vorgehensweise besteht zwischen dem Ereignis, worüber der Text informiert, und dem Sachverhalt, den die Fotografie dokumentiert, ein metonymischer Zusammenhang. Der Text berichtet über den Unfallhergang, und das Bild zeigt, wie als Folge dieses Unfalls das ausgebrannte Autowrack zwischen den Bäumen steckt. Bei der metaphorischen Vorgehensweise wird ein illustrierendes Bild benutzt, um das sprachlich beschriebene Geschehen im Sinne des narrativen Musters zu interpretieren, das durch dieses Symbolbild indiziert wird. Der Text informiert über die Umzugsvorbereitungen der zu Guttenbergs und das Bild zeigt, dass sie sich von uns verabschieden.

Die beiden Vorgehensweisen verweisen auf zwei zueinander komplementäre Funktionen des Erzählens. Zum einem werden durch das Erzählen einzelne Ereignisse zu einer zusammenhängenden Geschichte verknüpft, und zum anderen werden beim Erzählen narrative Muster dazu verwendet, eigenständige Geschehnisse in größere Zusammenhänge einzubinden. Der erste Fall etabliert zwischen Ereignis und Geschichte eine Bottom-Up-Beziehung und der zweite einen Top-Down-Zusammen­ hang. Beide Funktionen operieren auf der Ebene der histoire, da sie einzelne Ereignisse in komplexe Geschichten überführen.

Offen bleibt daher, inwieweit die beiden unterschiedlichen Verfahren der Oberflächengestaltung, die berichtende und die erzählende Darstellungsweise, mit diesen beiden unterschiedlichen Vorgehensweisen zusammenhängen. Die vorgefundene Verteilung, wonach das Berichten dem metonymischen Vorgehen und das Erzählen dem metaphorischen zugeordnet werden kann, scheint allerdings kein Zufall zu sein. Hierfür spricht, dass Berichte zunächst einmal die Fakten registrieren und Erklärungen, wie diese Fakten innerlich zusammenhängen, hinten anstellen. Auch der ausgewählte Unfallbericht hält explizit fest, dass die Ursache, warum der verunglückte Autofahrer von der Fahrbahn abkam, noch „ungeklärt“ ist. Entwickeln Berichte das Ganze ausgehend von den Einzelheiten, so setzen Erzählungen eher bei den Zusammenhängen an. Hier stehen die handelnden Figuren mitsamt ihren Motiven im Vordergrund, wofür die Anfangspassage des Guttenberg-Artikels ein charakteristisches Beispiel ist. Auch das syntaktische Unterscheidungsmerkmal zwischen journalistischen Berichten und Erzählungen zeigt, dass Berichte eher additiv und Erzählungen eher ganzheitlich organisiert sind. Berichte kann man vom Ende her kürzen, ohne ihren Aussagewert zu tangieren, Erzählungen dagegen nicht (Köhler 2009, 11).

Nicht verallgemeinern kann man dagegen, dass dokumentierende Fotografien in ähnlicher Weise sachlich-distanziert wie Berichte gestaltet sind. Das trifft zwar für das ausgewählte Beispiel zu. Doch dokumentierende Fotografien können sehr dynamisch sein, wie das jede Woche die Aufnahmen von den Spielen der Fußball-Ligen neu beweisen.

Betrachtet man die Ergebnisse aus journalistischer Perspektive, so stellt sich beim metaphorischen Verfahren, ja schon bei der illustrierenden Verwendung von Fotografien, die Frage, inwieweit diese Vorgehensweise mit der journalistischen Norm der Trennung von Information und Meinung zu vereinbaren ist.20 Es werden ja die vorgefundenen Informationen nicht auf eine neutrale Weise registriert, sondern in einen bestimmten narrativen Sinnzusammenhang eingebunden. Das gilt auch für das Abschiedsbild, das passend zu den Ausführungen Stephanie zu Guttenbergs einen Abschied ohne Gram und Groll zeigt. Ob das alles dem tatsächlichen Geschehen entspricht, ist allerdings völlig offen. Doch diese Frage wird angesichts der freundlich lächelnden Protagonisten nicht mehr gestellt.

Aus bildtheoretischer Perspektive verweisen die beiden Verfahren auf die Rolle, die das Wissen um die abgebildeten Sachverhalte nicht allein für die Interpretation der Bilder, sondern auch für ihr emotionales Erleben hat. Das Bild des verbrannten Fahrzeuges wird erträglicher, wenn man weiß, dass der Fahrer ohne größeren Schaden davon gekommen ist (vgl. Müller / Kappas / Olk 2013).

In erzähltheoretischer Hinsicht hängt es offensichtlich mit dem Faktizitätsanspruch journalistischer Wirklichkeitserzählungen zusammen, dass die beiden komplementären Vorgehensweisen, die Fotografien bei der Konstitution von Geschichten einschlagen, so deutlich auf die dialektische Beziehung zwischen medial-repräsentativ und kognitiv begründeten Erzähltheorien verweisen. Erinnert sei an Marie-Laure Ryans Differenzierung zwischen „being a narrative“ und „possessing narrativity“ (Ryan 2004, 9), aber auch an die Dialektik von Struktur und Konstruktion, wie sie Jean Piaget in seinen Ausführungen zum Strukturalismus skizziert hat (Piaget 1973, 18).

Die Verwendung fotografischer Bilder bei journalistischen Wirklichkeitserzählungen verknüpft also nicht allein die beiden Medien Bild und Schrift miteinander, sondern markiert auch eine bemerkenswerte Schnittstelle dreier wissenschaftlicher Disziplinen: der Erzähltheorie, der Bildtheorie und der Journalistik.

Literaturverzeichnis

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Prof. Dr. Karl N. Renner
Journalistisches Seminar der
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Alte Universitätsstraße 17
55116 Mainz
E-Mail:
Karl.N.Renner@uni-mainz.de
URL:
www.journalistik.uni-mainz.de

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1 Zum Visualisierungsschub im 19. Jahrhundert vgl. Wilke 2000, 306-310.

2 Zur Verwendung von Bildern im Pressejournalismus vgl. Grittmann 2007 sowie Grittmann u.a. 2008; zum Fernsehjournalismus Renner 2007.

3 Vgl. die Ausführungen von Noelle-Neumann (1994, 546)zur „natürlichen“ Wirkung des Fernsehens. Zur Authentizität von Pressefotos vgl. Grittmann 2003 sowie Schierl 2003.

4 Zu Medienbildern mit Täuschungsabsicht vgl. Knieper 2005, zur Suggestivkraft von Fernsehbildern vgl. das Achte Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgericht vom 22.02.1994, (BVerfGE 90, 60. Randziffer 144).

5 Einen aktuellen Überblick bietet der von Thomas Petersen und Clemens Schwender 2011 herausgegebene Sammelband Die Entschlüsselung der Bilder.

6 Gemälde aus dem Mittelalter geben Geschichten auch dadurch wieder, dass der gleiche Protagonist auf einem Bild in verschiedenen Situationen gezeigt wird. Da ich dieses Verfahren ebenfalls als eine Art Bilderserie verstehe, gehe ich darauf nicht weiter ein. Eine ausführliche Darstellung dazu bietet Steiner 2004.

7 Ungeachtet ihrer physikalischen Herstellungsweise können Fotografien nicht als indexikalische Zeichen verstanden werden. Sie sind ikonische Zeichen, da sich die Rezipienten bei Fotografien wie bei allen anderen Bildern auch beim Schluss vom Zeichenkörper auf das Bezeichnete auf das Prinzip der Ähnlichkeit stützen (vgl. Renner 2007, 120).

8 Die Unterscheidung dieser Ereignistypen geht auf Hans Mathias Kepplinger zurück, der damit die verschiedenen Rückkoppelungen zwischen Berichterstattung und berichtetem Ereignis erfasst (Kepplinger 1990, 46).

9 Ich folge hier dem strukturalistischen Verständnis der rhetorischen Tropen. Demnach werden bei einer Metonymie Begriffsmerkmale miteinander verknüpft, die untereinander in einer syntagmatischen Beziehung stehen, während bei einer Metapher die Begriffsmerkmale entsprechend ihren paradigmatischen Beziehungen miteinander verknüpft werden (vgl. Titzmann 1977, 64).

10 Der Öffentliche Anzeiger ist die regionale Ausgabe der Rheinzeitung im Landkreis Bad Kreuznach, der Name wurde von der alten Zeitung des Landkreises übernommen.

11 Einen Überblick über die Nachrichtenwertforschung und ihre Bedeutung für die journalistische Praxis bieten Ruhrmann / Göbbel 2007.

12 Exemplarisch ist die sogenannte Entgrenzungsdebatte vgl. Meier 2007, 253-255. Zum Verhältnis von Journalismus und New Journalism vgl. Bleicher / Pörksen 2004.

13 Auch das Arrangement der beiden anderen Unfallbilder ist ähnlich statisch aufgebaut.

14 Vgl. zu Guttenberg 2011.

15 Eine detaillierte narrative Studie der Plagiatsaffäre bietet Renner 2013.

16 Diese Überlegungen stützen sich auf das Stereotypenkonzept von Hilary Putnam (1979, 64-69).

17 Die ikonographisch-ikonologische Bildanalyse wird in der visuellen Kommunikationswissenschaft zur Analyse von Bildinhalten verwendet (Müller 2011, Grittmann / Lobinger 2011, Grittmann / Ammann 2011). Das Verfahren geht zurück auf das Mehr-Ebenen-Modell von Erwin Panofsky zur Beschreibung von Bildgegenständen und Bildtypen in der gegenständlichen Malerei (Panofsky 1932). Eine semantisch-pragmatische Rekonstruktion dieses Modells enthält Renner 2007, 180-186.

18 Ich bedanke mich für diese Informationen bei Hanns-Peter Lochmann vom dpa-Fotodienst und bei Daniel Karmann, dem Fotografen des Bildes.

19 Eine kursorische Recherche im Internet ergab, dass die Meldungen vom Umzug in die USA eher mit neutralen Bildern von Karl-Theodor und Stephanie zu Guttenberg illustriert werden. Allerdings verwendet auch RTL.de das „Abschiedsbild“ (vgl. n.n. 2013b). Bild.de wiederum illustriert das Interview mit Stephanie zu Guttenberg mit einer Bilderstrecke, die die wichtigsten Stationen in der politischen Karriere des Glamourpaars zu Guttenberg zeigt (vgl. zu Guttenberg 2011). Das ist genau jene „Geschichte vom politischen Ausnahmetalent“, die als Hintergrund der Hetzjagd-Geschichte dient, mit der die BILD-Zeitung während der Plagiatsaffäre für zu Guttenberg Partei ergreift (vgl. Renner 2013, 280).

20 Zur Trennungsnorm vgl. Schönbach 1977 sowie Meier 2007, 184.