Frauke Bode

Polyphonie als mehrfach eingebettete Rede bei Flaubert

Andrea Landvogts Verbindung linguistischer und narratologischer Ansätze zu einer Typologie der Redewiedergabe

Andrea Landvogt: Discours cités. Eine äußerungs- und erzähltheoretisch fundierte Typologie der Redewiedergabe am Beispiel von Gustave Flaubert. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2011 (= Studia Romanica Bd. 162). 352 S. EUR 45,-. ISBN 978-3-8253-5780-1

In der vorliegenden Dissertationsschrift verfolgt die Autorin eine gleich dreifache Forschungsabsicht: Unter Verknüpfung linguistischer mit literaturwissenschaftlichen Ansätzen untersucht sie das Phänomen der Redewiedergabe im Französischen von sowohl äußerungstheoretischer als auch narratologischer Warte aus. Ihre Studie mündet in eine neue Typologisierung der discours cités, wobei die verschiedenen Verfahren insbesondere im Hinblick auf ihre graduelle Zitathaftigkeit funktionalisiert werden. Schließlich werden die herausgearbeiteten Wiedergabeverfahren im Detail an einem längeren Abschnitt aus Gustave Flauberts Madame Bovary erprobt. Der Arbeit liegt die zentrale These zugrunde, dass Flauberts „vielzitierte[r] style indirect libre“ (S. 13) weder das einzige noch das zentrale Merkmal der für Romane im Allgemeinen und Madame Bovary im Speziellen konstatierten Bachtin’schen Vielstimmigkeit sei, da diese vielmehr über eine Vielzahl von Verfahren der Redewiedergabe und ein daraus resultierendes „Spiel von Annäherung und Distanzierung“ (S. 15) funktioniere.

Entsprechend ihrem Ansatz erarbeitet die Autorin in Anlehnung an die von Oswald Ducrot entwickelte Differenzierung der Enunziation in einen Produzenten der Äußerung (sujet parlant), einen Urheber des Äußerungsakts (locuteur) und das Subjekt der Äußerung (énonciateur) ein Modell des Äußerungsakts, das ebendiese Unterscheidung auch für den Part des Empfängers der Rede vorschlägt (Kapitel 2). In einem weiteren Schritt überträgt sie dieses Modell und erweitert es für den spezifischen Fall narrativen Sprechens (Kapitel 4), so dass auf dieser Grundlage Kriterien zur Funktionalisierung von Redewiedergabe (vgl. Kapitel 3) zur Verfügung stehen. Die Studie postuliert, dass die unterschiedlichen Verfahren der zitierten Rede auf den Prinzipien des Erwähnens, Berichtens und Darstellens beruhen. Insgesamt werden drei Gruppen von Wiedergabeverfahren unterschieden: monofunktionale (Kapitel 6), polyfunktionale (Kapitel 7) und modifizierte (Kapitel 8).

1. Das linguistische Modell der Äußerung

Bei der Formulierung des pragmatischen Modells der Enunziation geht die Autorin von einer komplexeren Grundkonstellation aus als zum Beispiel der des Jakobson’schen Kommunikationsmodells: Zum einen unterscheidet sie einen physischen Empfänger der Nachricht, den Rezipienten oder récepteur, vom Angesprochenen oder allocutaire der Rede als „Textrolle“ (S. 44) sowie vom co-énunciateur oder Co-Enunziator als „antizipierte Sinnposition“ (ebd.). Im Hinblick auf den Grundgedanken der Polyphonie müsse man bei jeder Äußerung zudem zwischen einem destinataire direct und einem destinataire indirect unterscheiden, an den die Aussage indirekt gerichtet sein kann. Die auf Ducrot beruhende Konstitution des Sprecherpols (analog zu dem die Autorin den Rezipientenpol modelliert hat) integriert die Vielstimmigkeit bereits in die dreifache Gliederung der Sprecherinstanz, da der physische Produzent (sujet parlant) weder mit dem Lokutor als Urheber der Äußerung (locuteur) noch mit dem Enunziator (énonciateur) als Subjekt der Äußerung übereinstimmen muss (vgl. S. 50-55). Das sujet parlant bringe eine Äußerung psychisch und physisch hervor und stehe als ihr Produzent textextern außerhalb des Gesagten (vgl. S. 51). Der locuteur sei demgegenüber der textinterne Sprecher, er sei das deiktische Zentrum der Aussage und für sie verantwortlich (vgl. S. 52 f.). Der énonciateur schließlich stelle „die abstrakte Instanz dar, deren ‚subjektiver‘ Standpunkt im Enunziat ausgedrückt wird“ (S. 54). Wenn nun beispielsweise der Produzent einer Äußerung eine fremde Aussage oder Meinung übernehme, sei er zwar auch Lokutor des Gesagten, nicht aber Enunziator – diese Rolle verbleibe beim ursprünglichen Sprecher. Dieser könne sogar weiterhin als Lokutor fungieren, wenn die deiktischen Merkmale auf ihn bezogen bleiben. Die Autorin bringt dafür das Beispiel einer Mutter, die ihre Tochter während einer Autofahrt nachäfft: „Mir ist langweilig. Mir ist ja so langweilig [Herv. i. O.]“ (S. 58). Die Mutter sei Produzent dieser Äußerung, die Tochter bleibe aber durch die Personaldeixis als Lokutor markiert und sei überdies, weil ihre Meinung wiedergegeben wird, als Enunziator anzusehen. Während auf Seiten des Rezipienten ein indirekter Empfänger Polyphonie in der Rede hervorrufe, könne auf Seiten des Sprechers also insbesondere die Übernahme fremder Rede von einem externen Sprechersubjekt Vielstimmigkeit bewirken, eine These, die den Nexus zwischen der Äußerungstheorie und den Wiedergabeverfahren bildet.

Unter den Begriff der Redewiedergabe fasst die Autorin nicht nur die mündliche, sondern auch die Übernahme schriftlicher Äußerungen und gedanklicher Vorgänge wie „mentale Repräsentationen“ und „psychische Prozesse“ (S. 73), unabhängig von der Rekonstruierbarkeit einer wörtlichen Originaläußerung. Im Fall zitierter Rede ergebe sich für das Modell der Äußerung eine „Doppelstruktur wiedergegebener Rede“ (S. 77), so dass die Sprecherrollen Produzent, Lokutor und Enunziator differieren, d.h. dass ein Sprecher zwar als Produzent und Lokutor, nicht aber als Enunziator einer Rede auftritt, wenn er eine fremde Äußerung zitiert.

2. Das narratologische Modell der Äußerung

Unter narratologischem Blickwinkel überträgt die Autorin das beschriebene Äußerungsmodell auf die fiktive Rede in Erzähltexten, indem Sie eine dreifache Einbettung der Enunziation annimmt und die bekannte Differenzierung von Außen- und Binnenpragmatik auf drei Sprecher- und Rezipientenpole aufteilt: die Autoren-Enunziation, die Erzähler-Enunziation und die Figurenenunziation. Sie geht dabei aber nicht von einer prinzipiellen Trennung der Äußerungsebenen von Autor- und Erzählinstanz aus, sondern erkennt beiden Äußerungspositionen die drei Funktionen Produzent, Lokutor und Enunziator zu, weshalb der Autor als Schriftsteller, logischer Urheber und auch als Vertreter einer Sinnposition im Text modelliert werden kann (vgl. S. 103-105). In der Konstruktion des Sprecherpols setzt sich die Autorin ausführlich mit den Konzepten des impliziten und abstrakten Autors nach Booth und Schmid auseinander, dem am ehesten die vom Leser individuell zu rekonstruierende Position des Enunziators, die ‚Intention‘ des Autorpols, entspricht. Analog wird auch der Adressatenpol in die tatsächliche Leserschaft, das erwartete Publikum und die antizipierte Sinnposition des Publikums aufgegliedert. Das Schema wiederholt sich auf der zweiten Ebene, auf der dem fiktiven Erzähler der fiktive Leser gegenübersteht, welcher, wenn er nicht als fiktive Leserfigur ausgestaltet ist, parallel zum impliziten Autor als impliziter Leser zu denken ist. Schließlich wird das Modell ergänzt um die dritte Äußerungsebene, die Figurenenunziation. Dies führt zu einer komplexen Struktur mehrerer Ebenen:

Durch die mehrfache Stufung der Äußerungsebenen – und ihrer Interrelation untereinander – kommt die charakteristische enunziatorische Komplexität fiktionaler narrativer Äußerungen zustande. Die typische Mehrschichtigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass die Autorenrede die Erzählerrede einbettet, in welche ihrerseits die Figurenrede eingebettet ist. Die enunziatorische Struktur des Romans ist somit prinzipiell derjenigen mehrfach eingebetteter Äußerungen vergleichbar. (S. 122)

3. Die Wiedergabeverfahren

Die zentrale Überlegung der Autorin beruht nun darauf, dass sich die Polyphonie eines Romans durch eben jene beschriebene Einbettung verschiedener Diskurse ergibt. Die Vermittlungseffekte der verschiedenen Modi der Redewiedergabe – Erwähnen, Berichten, Darstellen – werden hier weniger mit Blick auf die narrative Distanz im Sinne von Showing und Telling betrachtet, vielmehr wird deutlich, dass, neben einer größeren oder geringeren Vermittlungsdistanz, den verschiedenen Formen der Redewiedergabe – durch den Erzähler, durch die Figuren – ein Aspekt der (indirekten) Kommentierung zukommt, welcher für den Leser mehr oder weniger offensichtlich Vielstimmigkeit erzeugt. Im Kontinuum der Interferenz von Erzähler- und Figurenrede (vgl. S. 132 f.) erhalte die Erzählinstanz bei der Erwähnung von Figurenrede „wertende und einordnende und damit sinnstiftende“ (S. 135) Funktion, während die verschiedenen Formen des Berichts über Figurenrede sich durch eine größere Nähe zur Originaläußerung auszeichnen und die darstellenden Verfahren schließlich „die Art und Weise, wie etwas gesagt wurde […], in den Vordergrund [rücken]“ (S. 137).

In ihrer Typologie systematisiert die Autorin nun die Verfahren der (literarischen) Redewiedergabe auf der Basis von Beispielen, die hauptsächlich aus Madame Bovary stammen; und zwar nicht primär nach ihren grammatikalischen Eigenschaften, sondern nach der Funktion der Obergruppen der Redeerwähnung (Konstatieren), des Redeberichts (Resümieren) und der Rededarstellung (Repräsentieren). Als „monofunktionale Wiedergabeverfahren“ werden jene Verfahren typologisiert, die genau einer der drei Wiedergabetypen zugeordnet werden können (vgl. Kapitel 6). Die Redeerwähnung als „verknappende Darstellung der Originalkommunikation“ (S. 161 f.) umfasse den discours narrativisé, der eine Enunziation lediglich in ihrer „Ereignishaftigeit“ (S. 163) aufnehme und eine „Scharnierfunktion“ (S. 165) zwischen Erzählerbericht und wiedergegebener Rede inne habe. Unter den Redebericht, der, im Gegensatz zur Redeerwähnung, den Inhalt der Aussage nicht ausspare, fielen der discours resumé und der discours indirect. Während der discours resumé den Inhalt der Aussage zusammenfassend wiedergebe, ihn raffe oder explizit als (fragwürdiges) Zitat markiere (selon elle, on dit, Verwendung des Konditionals), könne im discours indirect „die wiederzugebende Rede […] aus der Position des aktuellen Sprechers referiert [werden]“ (S. 176). Er sei also Lokutor der Aussage und Enunziator des Hauptsatzes, der Originalsprecher bleibe jedoch Enunziator des in der indirekten Rede referierten Nebensatzes. Im Unterschied zur Redeerwähnung erlaubten die Verfahren des Redeberichts eine potentielle Rekonstruktion der wiedergegebenen Rede. Die Rededarstellung schließlich wiederhole die Originalaussage de dicto, womit der Lokutor der wiedergegebenen Rede die Sprecherverantwortung zurückweise (vgl. S. 179), die Aussage jedoch recht exakt rekonstruierbar bleibe. Beim discours direct libre seien sogar „keinerlei Indizien für fremde Rede erkennbar“ (S. 183), weil auf die einbettende Redekennzeichnung verzichtet werde. Wenn nur „Fragmente fremder Äußerungen“ (S. 192) übernommen werden, handele es sich um den discours absorbé. Fremde Originalzitate würden als îlots textuels in die eigene Rede eingefügt (vgl. ebd.). Der discours absorbé ermögliche die ironische Distanznahme von den Einsprengseln ebenso wir ihre unkritische Übernahme.

Zu den „polyfunktionalen Wiedergabeverfahren“ zählt die Autorin den discours direct, den discours indirect libre und den discours indirect semi-libre, die mehrere der Funktionen von Erwähnung, Bericht und Darstellung erfüllen: Der discours direct erwähne die Originalenunziation und stelle diese in der Folge dar. Im discours indirect libre würden Darstellung und Bericht sowie die Äußerungsebenen eines Lokutors und eines Enunziators kombiniert. Werde er um „explizite Redekennzeichnungen ergänzt“ (S. 199), wie zum Beispiel Inzisen, handele es sich um einen discours indirect semi-libre, ein Terminus, der von der Autorin in der vorliegenden Arbeit geprägt wird. Hier bestimmt der Sprecher der Wiedergabe als Lokutor sowohl die Personendeixis und das Tempus, während Lokal- und Temporaldeixis der Perspektive des Originalsprechers, also des Enunziators, entsprächen. Durch die Inzise erhalte die Wiedergabe berichtende Funktion, die Darstellung der Originalrede werde aber stärker vermittelt, so die Autorin, als noch beim discours indirect libre (vgl. S. 234 f.).

Abschließend typologisiert die Studie „modifizierte Wiedergabeverfahren“, die polyfunktional seien und zugleich Markierungsverfahren der anderen Typen aufwiesen. Bei diesen Zusatzmarkierungen handele es sich um (zusätzliche) Anführungszeichen und Kursivierungen sowie die Redeeinleitung durch que beim discours direct. Je nach Typ der Wiedergabe betonten diese Mechanismen den mimetischen oder berichtenden Aspekt, also zum Beispiel den Originalwortlaut und damit zugleich die Zitiertheit der wiedergegebenen Rede. Außerdem könne eine solche Markierung, insbesondere im discours direct libre, eine Doppeleinbettung signalisieren, also darauf hinweisen, dass auch der Originalsprecher sich bereits fremder Rede bedient.

4. Linguistische Bilanz und Übertragung auf Flaubert

Aus linguistischer Perspektive bilanziert die Autorin in Anlehnung an und in Abgrenzung von Marnette (2005) die Verfahren literarischer Redewiedergabe, ausgehend vom entworfenen Modell der Äußerung, durch die Rolle, die der Originalsprecher jeweils einnimmt: Bei den Verfahren der Rededarstellung trete er primär als Lokutor auf, beim Redebericht als Enunziator und bei der Redeerwähnung als Produzent (vgl. S. 272). Im Hinblick auf die untersuchten Aspekte „Redekennzeichnung“, „Wiedergabe des Originalinhalts“, „Rekonstruierbarkeit der Originalform“, „Konservierung der Originalform“, „berichtende Anteile“ und „darstellende Anteile“ (vgl. Graphik S. 275) resümiert die Autorin, dass der discours direct zwar als „Alleskönner“ (S. 276) anzusehen sei, weil er alle Kriterien erfülle, was aber nicht bedeute, dass die anderen Verfahren im poetologischen Sinne „‚defizitär‘“ (ebd.) seien, weil sie zum Beispiel eine bewusste „Verunklarung des Ursprungs der Rede“ (Encke 1998: 100) herbeiführten. Mit diesem Zitat einer literaturwissenschaftlichen Arbeit schlägt die Autorin bereits die Brücke zur Bilanz bezüglich der Anwendung auf Flauberts Madame Bovary. Sie konstatiert eine „bemerkenswerte formale Vielfalt, mit der Flaubert seinem Leser die Vielstimmigkeit seiner Texte präsentiert […]“ (S. 279). Diese „Vielfalt der Redevielfalt“ (S. 304) belegt sie an der Detailanalyse eines Ausschnitts aus dem zweiten Kapitel des dritten Teils des Romans und entschlüsselt die unterschiedlichen Diskursformen sowie deren mehrfache Einbettung in einem prozentualen Raster (vgl. S. 306). Besonders hebt sie hervor, dass außerhalb dieses schematischen Befundes auch Aussagen über „nicht geäußerte“, „vermiedene“ oder „nur geplante“ Rede (ebd.) Eingang fänden, sowie ambivalente Passagen, die nicht eindeutig einer Äußerungsinstanz zugeordnet werden können. Überdies seien mehr als drei Viertel des Ausschnitts der Redewiedergabe zuzurechnen, wovon wiederum die relative Mehrheit auf den discours direct und insgesamt ein gutes Drittel auf den Typ des Redeberichts entfielen (vgl. S. 308f.). Insgesamt betont die Autorin die Relevanz des „Nichts-Sagenden“ und „Nicht-Gesagten“ (311) in der Figurenrede und hebt Flauberts innovative „écriture polyphonique“ (S. 314) hervor, welche sich längst nicht in der Einführung des style indirect libre erschöpfe.

5. Fazit

Andrea Landvogt legt mit Discours cités eine systematische, sehr zugänglich formulierte Studie vor, die sich dem Phänomen der Redewiedergabe, insbesondere als literarisches Stilmittel, widmet. Hervorzuheben ist, dass das Buch mit zahlreichen, übersichtlich gestalteten Grafiken besonders anschaulich ist, was dieser Dissertation kapitelweise Lehrbuchcharakter verleiht und insbesondere die komplexen Äußerungsmodelle sowie die Formen der Redewiedergabe sehr verständlich vermittelt. Die Erträge der Typologie ergeben ein komplexes, terminologisch sauberes Schema von Wiedergabeverfahren im Französischen, das sich dadurch auszeichnet, dass das Begriffsfeld auf eine überschaubare und doch detaillierte Reihe von Begriffen gebracht wird, die zum Großteil aus bestehenden Nomenklaturen ausgewählt, im Falle des discours indirect semi-libre aber auch komplett neu bestimmt werden. Dieses Schema hat Potenzial, über die Dissertation hinaus Verwendung zu finden. Auf die Frage, inwiefern die Typologie auch über den Spezialfall Madame Bovary hinaus Geltung hat, geht die Autorin leider kaum ein.

Auch das von Ducrot übernommene und um den Adressatenpol erweiterte Äußerungsmodell hat große Erklärungsfähigkeit über die Linguistik hinaus, indem es die Position des Autors als Enunziator im Sinne eines impliziten Autors integriert und jeder Äußerungsposition die Funktion von Produzent, Lokutor und Enunziator zuweist, welche in anderen Ebenen-Modellen der fiktionalen Äußerung, grob gesagt, auf den Autor als Produzenten sowie die Erzählinstanz und die Figuren als Lokutor und/oder Enunziator aufgeteilt wird. Für die Analyse bleibt jedoch offen, ob der dreigliedrige Autorpol tatsächlich mit einbezogen werden muss. Schon innerhalb des Romantextes wird zum Beispiel Ironie, die entsteht, wenn Äußerungen von Figuren einer (bekannten) Autormeinung widersprechen, durch Ironiesignale angezeigt, wie die Untersuchung belegt. Ob der Autor dann „zum ‚heimlichen‘ Enunziator der Erzählerrede“ (S. 144) wird, wäre in diesem Falle nebensächlich, weil die Distanzierung von der Figurenrede schon auf formaler Ebene deutlich wird. Insgesamt scheint der Schwerpunkt der Redevielfalt rein quantitativ ohnehin auf den unterschiedlichen Funktionen von Erzählinstanz und Figuren oder Figuren und Figuren in der Übernahme fremder Rede zu liegen und damit auf der Hervorhebung und Differenzierung ihrer Rollen als Lokutor und Enunziator. Dieses Ergebnis rechtfertigt das komplexe Enunziationsmodell und stellt einen großen Gewinn bei der Funktionalisierung von Redewiedergabe dar – mit dem literaturwissenschaftlichen Mehrwert, Flauberts stilistische Bedeutung genauer als bisher definieren zu können und überzeugend nachzuweisen, dass diese Bedeutung über den style indirect libre hinausgeht.

Literaturverzeichnis

Encke, Julia (1998): Kopierwerke. Bürgerliche Zitierkultur in den späten Romanen Fontanes und Flauberts. Frankfurt/M.

Marnette, Sophie (2005): Speech and Thought Representation in French. Amsterdam.



Dr. Frauke Bode
Bergische Universität Wuppertal
FB A: Romanistik
Gaußstraße 20
42119 Wuppertal
E-Mail: frauke.bode@uni-wuppertal.de
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